Nasruddin und die zu kleinen Sandalen
Wer ist Nasrudin, wahrscheinlich der berühmteste Schelm der Welt. Auch wenn er gar nicht berühmt aussieht. Er wird meistens als ein Mann mittleren Alters, übergewichtig und glatzköpfig beschrieben. Man kennt ihn in China, Indien, Teilen Afrikas, Israel und im Nahen Osten. Nasrudin soll angeblich in der Türkei gelebt haben, wo er im Jahre 1208 starb.
Eines Tages sah man Nasruddin auf der Straße, wie er ein schmerzverzerrtes Gesicht machte.
Ein Passant fragte ihn: „Meister, was ist mit dir los? Warum machst du ein solches Gesicht“
Der Meister antwortete: „Ach, ich habe solche Schmerzen an den Füßen.“
„Warum denn?“, frage der Passant, woraufhin Nasruddin entgegnete: „Weil meine Sandalen so eng sind.“
Völlig verblüfft fragte der Passant: „Ja, warum trägst du denn so enge Sandalen?“
Da lachte Nasruddin verschmitzt und sagte: „Abends, wenn ich zu Hause bin und die Sandalen ablege, dann ist das ein so wunderbares Gefühl. Und dafür lohnt es sich, den ganzen Tag Schmerzen zu haben.“
Auf einer anderen Ebene steht die Geschichte natürlich auch dafür, dass wir uns oft das Leben selbst sehr kompliziert machen. Wir haben so viele innere Zwänge, Vorstellungen, was wie sein müsste, wie wir selbst sein müssten, wie andere sein müssten, wie die Gesellschaft und die Welt beschaffen sein müsste ... Wenn wir diesen zu engen Schuh ablegen können, dann ist das tatsächlich eine große Erleichterung, Freude und Befreiung.
Geht es uns nicht oft genauso? Wir leiden, weil wir uns an das Leiden gewöhnt haben. Dabei könnte es doch so einfach sein. Wenn wir unsere Vorstellungen, Wünsche und Zwänge ablegen würden - wie ein Paar zu enge Sandalen.
Vielleicht passten sie früher einmal, aber jetzt engen sie uns nur noch ein und lassen uns leiden.
Was sind deine alten Sandalen, die du möglichst schnell ablegen solltest?
Werde frei und glücklich!
